New England – Newport
Bei so manchen Spazierfahrten auf der Bellevue Avenue in Newport wird Ende des 19. Jahrhunderts so mancher adelige Besucher aus dem alten Europa vor Neid erblasst sein. Hier reihen sich die Herrenhäuser mit den Ausmassen kleiner Schlösser wie an der Perlenkette auf. Die meist neureichen Industriellen bezeichneten ihre Anwesen leicht untertrieben als „Sommerhäuser“.
Was in Amerikas goldenem Zeitalter mit viel Geld alles machbar war ist, erfährt der Reisende in Rhode Island in mindestens einem Dutzend dieser Mansions, die ihm im Villenviertel von Newport zur Besichtigung offen stehen. Diese kleinen Paläste (in der Stadt in etwa zwei Autostunden westlich von Boston am Atlantik) trugen keine ordinären Hausnummern.
Man gab diesen Besitzungen Namen wie „Chateau-Sur-Mer“, „The Elms“ oder „Hunter House“. Die grössten Anwesen sind „The Breakers“, das in etwa an das Weiße Haus in Washington erinnernde „Marble House“ und „Rosecliff“. Das Rosecliff hat schon häufig als Filmkulisse herhalten müssen. Hier wurd unter anderem für die Filme „True Lies“ und „The Great Gatsby“ gedreht.
Ein weiteres Anwesen, das „Rough Point“ liegt nicht an der Bellevue Avenue sondern um die Ecke an der Touro Street direkt am Meer. Der Garten dieses Anwesens wurde von Frederick Law Olmsted entworfen, der auch den Central Park in New York angelegt hat. Als dritter Besitzer übernahm James B. Duke „Rough Point“ im Jahr 1922.
Dieser hat den Besitz um zwei weitere Flügel auf 105 Zimmer aufstocken lassen. Seit dem Tod der Tochter von Doris Duke wird „Rough Point“ von einer Stiftung verwaltet. Der Besucher darf staunen: Die Hausherrin gönnte sich für die Einrichtung Werke großer Maler wie Renoir und Van Dyck. Das Haus war vollgespickt mit französischen Möbeln aus dem 18. Jahrhundert und Vasen aus der Ming-Dynastie.
Die Dame war allerdings auch etwas schrullig in ihrem fortgeschrittenen Alter. Unter Hinweis auf einen angeknabberten Teppich erzählt die Führerin bei der Besichtigung des Hauses, dass zwei Kamele das Anwesen mit Doris Duke teilen durften. Sie hatte die beiden Tiere als Zugabe für den Kauf einer gebrauchten Boeing 747 von einer arabischen Fluggesellschaft erhalten.
Geradezu mondän geht es auch heute noch am Hafen von Newport zu. Dort liegen vorwiegend die Yachten der modernen Herrschaften. Die Fischkutter wurden inzwischen weitgehend verdrängt. Newport ist eine absolute Seglerstadt. Von hier aus starteten viele Regatten. Segelfans werden den Besuch des Museums of Yachting auf auf jeden fall auf ihrer Liste stehen haben.
Nicht dem Geldadel sondern dem Tennisadel wird in der Miller Hall of Fame gefrönt. In den Vitrinen des 1880 gebauten Museums findet man ausgelatschte Tennisschuhe von Steffi Graf und getragene Hemden von Pete Sampras. Im Newport Casino wird das einzige Rasenplatzturnier der USA ausgetragen. Die Atmosphäre ist typisch amerikanisch familiär. Man kommt halt nach Newport um die Sommerfrische zu geniessen.