Kanada – Jasper – Schlittenhunde

Da wir schon einmal in der Wildnis von Kanada sind, wollen wir auch Erfahrungen mit dem harten, ursprünglichen Leben der Kanadier machen. Zufällig lernen wir abends in Jasper in einem kleinen Pub bei einer Flasche Bier Tommy kennen. Der ist, wie er uns erzählt, im Sommer von Beruf Holzfäller. Im Winter ist er mit seinen Schlittenhunden auf Tour und erkundet die unberührte Natur in den Rocky Mountains. Übernachtet wird am Ende des Tages in kleinen Blockhütten, die er von Bekannten nutzen darf. Er lädt uns ein, einmal eine Tagestour mitzumachen. Wir sind natürlich hellauf begeistert und so verabreden wir uns für den nächsten Tag. Es soll bereits morgens um 5 Uhr mit dem Wagen losgehen. Da im Jasper-Nationalpark das Schlittenhundfahren verboten ist, müssen wir etwa 2 Stunden nördlich von Jasper außerhalb des Nationalparks in die Wildnis fahren. An einer einsamen Farmstation hat Tommy sich eine Blockhütte als Basisstation für seine Touren angemietet.

Dort angekommen brauchen wir erst einmal eine kleine Stärkung in Form eines mitgebrachten Frühstücks. Anschließend werden die im Anhänger untergebrachten Schlittenhunde eingespannt. Die Hunde sind gut ausgeruht und man merkt Ihnen die Vorfreude auf die bevorstehende Tour an. Tommy hat seine Frau Patricia zur Verstärkung mitgebracht und so sind wir zwei Schlittenhunde-Gespanne. Eines wird von Jürgen als Musher geführt, das andere von Patricia. Tommy wird uns mit seinem Motorschlitten später folgen. Bei einem eventuellen Unfall oder unvorhergesehenen Ereignissen haben wir auf diese Weise eine kleine Sicherheitsstufe eingebaut. Vor dem Start werden wir mit unseren Huskies bekannt gemacht und erhalten einen Schnellkurs in Sachen Gespann-Führen. Tommy hat uns natürlich schon am Vorabend reichlich mit Theorie vollgestopft aber die Praxis sieht wie immer etwas anders aus.

Das beginnt schon mit dem Einspannen der Hunde und endet noch lange nicht mit den ungewöhnlichen Kommandos während der Fahrt. Dick eingepackt mit mehreren Lagen Unterwäsche und Thermoschuhen sehen wir der Sache noch ganz optimistisch entgegen. Es wird schon werden. Die Temperaturen liegen heute bei etwa 25 Grad Minus. Durch den Windchill werden es während der im Schnitt 20 bis 30 Stundenkilometer schnellen Fahrt auch schon einmal -40 Grad Celsius. Brigitte soll duch einige Decken gut gepolstert vor mir auf dem Boden des Schlittens einquartiert werden. Ich stehe auf den hinteren Kufen des Schlittens und gebe mit alle Mühe, das Gespann nicht zu schnell werden zu lassen. Das ist aber nur in der Anfangsphase unserer Tour so, da die Huskies noch zu viel überschüssige Kräfte haben. Das Gespann besteht aus 10 Hunden. Die erfordern schon vor dem Start einiges an Überredungskunst, um das zu tun, was ich mir so vorstelle. Okay, so viel zur Theorie. Dann kann es ja los gehen

Die ersten Kilometer sind so rasant, dass kaum Zeit bleibt, um die natürliche Schönheit der Wildnis, die wir durchfahren, zu genießen. Zu sehr bin ich damit beschäftigt, die Kurven richtig anzusteuern und die Geschwindigkeit zu halten. Die Route führt uns anfangs durch dichtes Waldgebiet. Wir huschen in rasender Geschwindigkeit an den Bäumen vorbei. Das Gelände ist von ständigem Bergauf und Bergab gekennzeichnet. Bergauf muss ich meine Kondition testen und den Huskies durch Mitschieben die Arbeit erleichtern. Bergab wird die Fahrt so rasant, dass mitunter schon einmal die Bremse gezogen werden muß. Schwierig sind die Kurven am Ende einer Bergabfahrt. Bei zu hoher Geschwindigkeit besteht permanent die Gefahr, sich zu überschlagen. Allmählich, im Laufe des Vormittags tritt bereits das Gefühl ein, als hätte ich mein Leben lang nichts anderes getan, als Schlittenhund-Gespann zu fahren. Musher und Hunde wachsen bereits zu einer homogenen Einheit zusammen. Allein Brigitte hat etwas Schwierigkeiten, Ihr ramponiertes Kreuz auf dem harten Untergrund nach mehreren Stunden zu sortieren. Dafür entschädigt uns aber die völlig unberührte Natur mit ihrer beeindruckenden Schönheit um ein Vielfaches. Unterwegs kommen wir vorbei an wilden Gebirgsflüssen, die zu großen Teilen vereist sind.

In einem Waldstück begegnet uns ein Elch, der angesichts seiner beachtlichen Größe zu gebührendem Abstand rät. Auf einer weiten offenen Ebene kreuzt uns eine Herde von Widdern, die auf der Suche nach Nahrung sind.

In den letzten Tagen hat es Nachts erheblich geschneit. Die Bäume winden sich unter der Last der Schneemassen. Zur Mittagszeit gönnen wir uns und vor allen Dingen den Huskies eine wohlverdiente Verschnaufpause. Der Tee aus der mitgenommenen Thermoskanne ist köstlich. Wir genießen die Stille des Waldes, die nur vom Hecheln der Huskies unterbrochen wird. Bald machen wir uns wieder auf den Weg, schließlich haben wir noch einige Stunden Zeit bis zur Dunkelheit. Dort, wo die Flüsse wegen der starken Strömung noch teilweise frei sind, bilden sich dichte Nebelbänke durch den enormen Temperaturunterschied zwischen Wasser und Luft.

Einige Stunden weiter finden wir gleich zwei Elche, die gemeinsam äsen und sich durch uns nicht beeinträchtigt fühlen. Es ist ein beeindruckendes Erlebnis, diesen gewaltigen Tieren in freier Natur gegenüber zu stehen. Gegen Abend erreichen wir unseren Ausgangspunkt. Wir sind völlig geschafft aber zufrieden und glücklich, alles heil und gesund überstanden zu haben. Es war ein großartiges Erlebnis, das wir nur jedem, der sich dafür interessiert, zur Nachahmung empfehlen können.

Bilder Kanada – Jasper – Schlittenhunde

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