Sprachgut

Begonnen von Theo, Mai 21, 2006, 01:16:03

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Theo

Hi,

eigentlich müsste  man ja ein separates Board für diesen Tread aufmachen (Anregung):

Es gibt so viele Regionen in Deutschland, die ein eigenes Sprachgut haben. Ich mache mal hier den Anfang für "Bayrisch" (hättet Ihr es gewußt?):

Gwand   -  Kleidung

Schleich di  - hau ab

Bärig  - toll

Pfiat eich  - Auf Wiedersehen

Arschlängs  - rückwärts

Zamperl  -  kleine Hunde

Schiach  -  hässlich

Damisch  -  verrückt


Habt Ihr aus Eurer Region auch einige schöne Beispiele aus dem Sprachgut?
Viele Grüssee

Theo

Rastlos

Hier zwei typische aus dem Münsterland:

jovel - gut

schovel - schlecht, mies
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Doro77

Na, da lacht dem Sachsen doch das Herz im Leibe bei so einem Thread.  :icon_cool: Ich spar mir mal ein Wörterbuch, da findet ihr eins auf

www.guggemada.de.

Wir gehen gleich richtig rein, und zwar mit anspruchsvoller Lektüre. Kleiner Tipp: Laut lesen! Viel Spaß!  :smilie-12:


Rodgäbbschn off säggsch

(von Lene Voigt gemobbsd un leischd vebässord) - Lene Voigt (* 3. Mai 1891 in Leipzig als Helene Wagner; † 16. Juli 1962 in Leipzig) war eine Schriftstellerin und sächsische Mundartdichterin)

Da war ämal ä gleenes niedliches Mädschn. Das grichde von seiner Großmudder änne feierrote Samtgabbe mit änner Bummel dran. Drin sah de Gleene so schnärblich aus, dasse barduh geen andern Bibbi maehr uffsetzte. Un so gams, dasse von dr ganzen Nachbarschaft Rodgäbbschn genannt wurde. Eenes Dages sagte de Mudder zu dr Gleenen: "Gomm, mei Gind, nimm hier das Henkelgärbchen un brings naus bei de Grossemuder. Se hat aehmd telefoniert, dassrch gar nich hibsch is heite."
"Was isn da drinne im Gorbe?" fragte Rodgäbbschn. "änne Flasche Äbbelwein, änne Biggse Eelsardin' un änne Bähbe (Sächsisches Nationalgebäck). Dassde mir aber nich etwa unterwaechens am Guchen rumgnaubelst! Wenn de Hunger hast, issde deine Baemmchen mit Gunsthonich, verschdandn?"
Rodgäbbschn verschrach scheene zu folchen un hubbste frehlich in dn Frieling naus. Wiese nach änner Värdlschtunde im Walde drinne war, gam plätzlich ä Wolf angelaadscht. - Was das fier Dier is, wolltr wissen? - Nu schtellt eich ärsdma Bäzolds Garo vor, denkt eich noch ä Schtickchen dran, drzu ä viel schbitzern Gobb un gliehende Oochen - un da habtr ä Wolf. So a Viech gam also ausn Busche un meente:
"Bei wän willsdn, Rodgäbbschn?"
"Bei de Grossemudder."
"Nu weesste, da würd'sch awer där alten Frau ä baar Bliemchen mitnaehm. Das geheert sich eenfach so fier ä gebildetes Enkelgind."
"e hast eechentlich recht", sagte Rodgäbbschn, schtellte ihrn Gorb unter änne Danne un bickte sich nach Anemon' un Briemeln. Se hatse awer nich gleich mitr Wurzel rausgerubbt wie ihr, sondern jedes eenzelne sachte abgegnibst. Dr Wolf feixte in sich nein un säbbelte naus bei de Grossemudder. Dort schbrangr mit een Satz ins Heischen, sauste durch die gute Schtuwe un dann hinter in de Gammer un verschlang de alte Frau. Se hatte iwerhaupt nich Zeit, um Hilfe zu brilln, da sasse schon drinne im Wolfsbauche. Na un da warsch nadierlich zu schbaete. Hieruff groch das beese Dier ins Bette nein, deckte sich bis nuff zu un schtilbte sich dr Grossemudder ihre lilane Nachtmitze iwersch Gesichte. Nach änner Weile gam Rodgäbbschn un wunderte sich, dass de Diere uffschtand. Nu, wahrscheinlich dud de Grossemudder grade liften, dachte se dann un lief nein in de Gammer. Da fielr nu gleich uff, dass de de alte Frau heite so ä färchterlich grossen Mund hatte.
"Awer meine gude Grossemudder" meente se, "wie siechste denne aus? De hast wohl de Maulschbärre gegricht?"
Sie beichde sich ä bisschen diefer iwersch Bette. Da riss dr Wolf den Rachen uff un wärchte ooch noch 's gleene Maedchen nunter. De Grossemudder rickte ä Häbbchen beiseite, un nu sassense alle beede drinne. Wenn mr wenichstens de Bähbe mit hädden, dachte Rodgäbbschn. Awer reden gonnte se nischt, denn de Luft war gans dick un schnierte ihr de Gähle zu. Dr Wolf schlief nach dem Reggordfriehschtick ein un schnarchte so laut, dass draussen de Boomschtämme waggelten.
Da gam ä Jächer angeleiert, heerte das Schnarchen un dachte: "Ich gann mr nich helfen: Das is doch direggt unweiblich von deer alten Frau, so druflos zu rasseln!"
Dann ginkr nein ins Heischen un märkte nadierlich gleich, wen'r da im Bette vor sich hatte.
"Habbch dich endlich erwischt, du frächer Gedatte!" riefr, holte aus dr Giche dr Grossemudder ihre Gefliechelschäre un schnibbelte behutsam dn Wolfbalch uff. Das war nu vielleicht änne Freide, wie die beeden wieder ans Dageslicht gegollert gam! De alte Frau butzte ihre Brille, die da drinne gans angeloofen war, un Rodgäbbschn schtobbte dn Wolfsbauch voll Brigetts ausn Gohlngasten un nähte dann das beese Dier wieder zusamm. Un wie nu dr Wolf uffwachte un sich heimlich ausn Schtaube machen wollte, blumbstr dod uffn Bettvorlecher.
De Grossemudder, Rodgäbbschn und dr Jäscher tranken dn Abbelwein, machten sich iwer de eelsardin un deilden sich in de Baebe. Se warn sähre froh, dass de Sache noch so scheen abgeloofen war.
Nu nähmt eich draus aenne Lehr - besonders ihr Mädchen: s is immer besser, ae weibliches Wesen gimmte sich iwerhaubt nich drum, wennse unterwaeches eener angewasselt, denn mr gann nie wissen, was drhinterschteckt.


Unverwüstlich (Lene Voigt)

Was Sachsen sin von echtem Schlaach,
die sin nich dod zu griechn.
Drifft die ooch Gummer Daach fier Daach,
ihr froher Mut wärd siechen.

»Das gonnte noch viel schlimmer gomm'«
so feixen richtche Sachsen.
Was andre forchtbar schwär genomm',
dem fiehlnse sich gewachsen.

Un schwimm' de letzten Felle fort,
dann schwimmse mit und landen dort,
wo die emal ans Ufer dreim.
So is das un so wärds ooch bleim.


Liebe Grüße
die (mittlerweile eingedeutschte) Müllerstochter  :hallo:
(abor wennich will, gannich noch!)
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Reisen heisst, zurückkehren wollen - das Geringe schätzend zurückzukehren. (Verfasser unbekannt)

Rastlos

@Doro7
:icon_lol: KÖSTLICH  :zustimm:

Sei nicht böse, aber ich mag das Sächsisch eigentlich nicht (zumindest nicht gesprochen), aber wenn ich es so lese, könnte ich mich wirklich beömmeln vor lachen.
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Doro77

Hadd ja ooch keener behaubded, dass das scheen is.  :icon_wink:

Ich bin mittlerweile durch jeweils mehrjährige Aufenthalte in verschiedenen Bundesländern ganz und gar Durchschnitt geworden und hab überhaupt keinen Dialekt mehr. Nur manchmal kommt das Sächsisch ganz sanft noch durch. In der abgemilderten Form finde ich eigentlich alle deutschen Dialekte ganz hübsch. In der Urversion sind so ziemlich alle zum Davonlaufen.  :icon_mrgreen: Und ich muss ehrlich sagen, hier unten in den tiefen südlichen Urwäldern (ich arbeite in der Nähe von Konstanz) wird eine Einheimischensprache gesprochen, bei der sich mir die Nackenhaare aufstellen.  :icon_eek: Was da mit der Grammatik und dem Satzbau angestellt wird, ganz abgesehen von der Aussprache...  :confused: Aber das ist ja das Charakteristische an den Mundarten. Weiß eigentlich jemand, ob das in anderen Ländern auch so extrem ist? Also ich denke schon, dass es da auch unterschiedliche Färbungen gibt - aber so wie in Deutschland, wo einer den anderen kaum versteht, wenn richtig Dialekt geprochen wird? Und da gibt es ja dann auch innerhalb der Dialekte nochmal Abweichungen. "Sächsisch" ist nicht gleich "Sächsisch". Da gibt es Vogtländisch und Erzgebirgsch (das ich im übrigen auch kaum verstehe) und Leipzerisch und Dresdnerisch, und in jedem Kuhdorf gibt es andere Färbungen in der Sprache.

Aber ein bisschen angeben muss ich mit meiner Herkunft ja nun doch noch:  :icon_wink:

"Heißes Bemihn" 

Sächsische Sprachkunst 

Sächsisch ist der unbeliebteste Dialekt. Selbst die Sachsen selbst bemühen sich oft, ihn zu verbergen. Dabei haben sie dafür - historisch gesehen - überhaupt keinen Grund, denn das Sächsische war deutschlandweit einmal hoch angesehen. 

Das Sächsische entwickelte sich vor 800 Jahren aus den Mundarten der Siedler, die hier einwanderten. Die Region florierte wie kaum eine andre und brauchte eine normierte Schriftsprache: Das Meißner Kanzleideutsch entstand. Das orientierte sich daran, wie die alten Sachsen redeten und setzte sich wegen seiner orthografischen Schlichtheit und Konsequenz durch. Schriftlich und schließlich auch mündlich wurde sächsisch modern in deutschen Landen. 

Dr. Gunter Bergmann von der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, selbst bekennender Sachse, weiß, was diesen Dialekt so besonders machte: "Weil es sich von der dialektgefärbten Sprache im oberdeutschen Raum und von dem niederdeutschen im Norden stark abgehoben hat und eine Mittelstellung eingenommen hat." Dazu komme, dass Sachsen mit Leipzig und Dresden ein ausgeprägtes Kulturzentrum war 

Manche meinen, dass auch der "Faust" in sächsisch geschrieben wurde, sonst reimt es sich nicht perfekt: "Habe nun ach Philosophie, Juristerei und Medizin und leider auch Theologie durchaus studiert mit heißem Bemihn." Andre sind sich sicher, dass Faust und Mephisto hessisch sprechen - noch ist der sprachwissenschaftliche Zwist nicht entschieden. Zumindest mochte Goethe Leipzig, meinen doch die Studenten in Auerbachs Keller: "Mein Leipzig lob ich mir! Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute." 

Geschrieben wurde der Faust in "Hochdeutscher Mundart", die sich nach wie vor am Sächsischen orientierte. Politisch jedoch bewegte sich Sachsen bald auf dünnem Eis. Preußen wurde die wichtigste Macht in deutschen Landen und Sachsen verlor Gebiete und Einfluss. In der Völkerschlacht zu Leipzig standen die Sachsen schließlich auf Seiten Napoleons und verspielten damit den letzten Rest von Ansehen bei den andern Deutschen. 

"Für die säggs'sche Aussprache musste im Brinzip nur eens befolschen: den Underkiefer leicht aushäng, nach vorne schiebn un die Worde nur noch so rausblädschern lassen." - "Sächsisch für Wessis" heißt der Kurs, den eine seriöse Dresdner Sprachschule anbietet. Die Mitarbeiter einer Firma aus dem Schwäbischen empfinden den Kurs als Beitrag zur innerdeutschen Verständigung übers Verbale hinaus. 

Die Sächsischen Akademie der Wissenschaften in Leipzig hat mehr als 1,5 Millionen sächsische Vokabeln gesammelt und 12.000 davon in einem "Wörterbuch der obersächsischen Mundarten" zusammengefasst. 

gefunden auf: http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/cstuecke/41457/

LG
die Müllerstochter  :hallo:
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Rastlos

Zitat
Weiß eigentlich jemand, ob das in anderen Ländern auch so extrem ist? Also ich denke schon, dass es da auch unterschiedliche Färbungen gibt - aber so wie in Deutschland, wo einer den anderen kaum versteht, wenn richtig Dialekt geprochen wird?
Yepp, das ist auch in anderen Ländern so. In China z.B. verstehen sich die einzelnen Volksgruppen so gut wie gar nicht untereinander und müssen daher meist auf das Mandarin zurückgreifen (das aber auch längst nicht von jedem gesprochen wird).
In Madagaskar ist es sogar noch schlimmer, denn dort wird die eigentlich Hauptsprache (Französisch) mit dem eigenen Dialekt vermischt und wird somit kaum verständlich.
Man nehme doch auch nur mal Großbritannien. Wenn dort jemand 'echtes' Schottisch, Walisisch oder Gälisch spricht hält man den für jemanden vom anderen Stern.
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Doro77

#6
Ja, aber sind das dann Dialekte oder eigene Sprachen? Walisisch und gälisch und so, das sind doch eigene Sprachen, nicht? Wohingegen jeder deutsche Dialekt aus der deutschen Sprache resultiert. Nicht?
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Rastlos

Damit man aber sieht, dass nicht nur das sächsisch zum Schmunzeln ist, stelle ich Euch hier einmal "Masematte" vor.
Bei Masematte handelt es sich um eine mundartliche Geheimsprache (also kein Dialekt), die bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts neben Westfälisch in Münster gesprochen wurde. Die Sprache entstand Anfang des 19ten Jahrhunderts und war die Sprache der Arbeiter und fliegenden Händler, aber auch der Gauner und Vagabunden in und um Münster. Es ist eine Mischung aus Jiddisch und Rotwelsch und heute kennt jeder in Münster noch Worte wie 'Jovel' oder 'Schovel' die aus dieser Sprache stammen. Gebürtige Münsteraner haben noch eine Menge mehr Masematte-Worte in ihrem alltäglichen Sprachgebrauch - ohne dies jedoch zu bemerken  :icon_wink:


Ich nehme hier mal gerne das Beispiel von Doro77 auf: Rotkäppchen (auf Masematte):

Es war einmal ein korantes Anim, das böschte immer mittem roten Dohling durch die Bendine. Deshalb laberte jeder Hegel es als "Rotdohlinchen" an. Eines Tages schmuste die Alsche von dem Anim : "Los, schemm mal zu Oma. Schuck ihr was zu Achilen und was zum Picheln. Aber sei mucker und scherbel nich vonne Strehle runter. "Rotdohlinchen" teilachte los.

Plötzlich böschte ein schofler Keilof aus`m Gebüsch. "Maschemau, Rotdohlinchen" schmuste er, "wo willste denn hinschemmen ?". Rotdohlinchen rackewelte vonne Oma, dasse ihr wat zu frengeln und zu schickern schucken wollte. Der Keilof schmergelte sich einen und laberte für sich: "da musse was jovles ausbaldowern, dasse die Tölen beide verspachteln kannz". Und deshalb schmuste er der kotenen Kaline : "Reun doch mal die toften Blumen, willze nichten Sträußchen für deine Oma bewirchen?". Rotdohlinchen fand das jovel und latschte los Blumen ausbaldowern.

Der schofle Keilof aber tigerte tacko zum Beis vonne Oma und dellet anne Tür. "ie Tür is auf", schallerte die Schabo. Der Keilof schemmte rein, böschte zur Poofe und verspachtelte die Ische. Dann zog der alte Figinenköster ihre Kowe an und haute sich inne Firche und miemte einen auf Oma. Als Rotdohlinchen das Beis von ihre Oma dibberte, muckerte sie tacko dasse Tür auf war. Sie schemmte in das Backs, teilachte zur Poofe und fand, daß ihre Oma hamel meschugge ausse Klamotten reunte.

Rotdohlinchen schmuste : "Was hasse den für große Röllekes?". "amit ich dich joveler dibbern kann!". "Was hasse denn für eine schofel große Gosche?". "amit ich dich jovel verspachteln kann." Und kaum hatte der Keilof das gelabert, da böschte er ausse Firche und frengelte auch den Koten mit den roten Obermann. Dann haute sich der Keilof wieder inne Firche und poofte.

Es dauerte nicht lange, da tigerte der Mispel an dem Beis vorbei. Der Seeger dachte: Was schnarcht die Oma so hamel willze doch nach ihr kneistern. Er schemmte in das Backs und dibberte wie der Keilof inne Firche am ratzen war. Er wollte gerade seinen Kamangerie, seinen Ballermann ausse Chatte ziehen, da muckerte er, daß der Koten und die Alsche doch noch nicht mulo und noch zu retten waren. Er nahm seine Plotte inne Feme und burkte dem Keilof die Wampe auf. Oma und Dohlinchen böschten tacko raus. Dann stopften sie dem Keilof die Plautze mit Steinen voll und nähten sie wieder zu. Als der schofle Keilof ausgepooft hatte, hatte er hamel Brand. Er wollte zum Brunnen teilachen aber er fiel mulo um. Rotdohlinchen aber lebte weiter. Und wenn sie nicht mulo ist, dann schemmt sie noch heute mit den roten Obermann durch die Bendine.
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Doro77

#8
Wow, davon hab ich ja noch nie was gehört - "Masematte".  :icon_biggrin: Cool, das liest sich echt witzig. Rotwelsch kannte ich natürlich, Jiddisch auch, aber dass es aus den beiden nochmal ne Kombination gibt - irre. Ein paar Worte haben die Sachsen allerdings geklaut (gibt ja auch bei uns Gauner - den einen oder anderen  :icon_mrgreen:). Also die "Ische" ist im sächsischen sehr geläufig für "Freundin" oder "Mädchen" (Allerdings langgesprochen  - "Iiiiische", ich weiß nicht, wie man im Münsterländischen sagt.). Auch die "Plautze" haut man sich beim "verspachteln" öfters voll, manchmal sogar beim "picheln". Na, und "labern" tun wir alle, nicht wahr...

Jetzt hab ich hier mal noch eine Kostprobe vom Erzgebirgischen ("Arzgebirgsch") - eine äußerst komplexe Ureinwohnersprache, die nicht mal mir, wenn ich es höre, verständlich ist. Sozusagen das Schweizerdeutsch des Ostens, nur nicht mit ganz so vielen "ch".  :icon_lol: Zur Sicherheit gibts die Übersetzung dazu.

Unnr Arzgebirgisch is ne Waltsproch, dos wass jedr. Huhlt mr Kuhln aus'n Kallr, socht mr Feiering, is is fast esu als ob mr in England is un de Haazing hehrt sich fast wie chinesisch ah. Aber aah, wos de Wörter haasn un wie se klinge, is net immer su wie mr denkt, maastns maane se wos ganz anorsch. Fix haast net fest sonnorn "schnell", hert mr bluus, su maant mr kaane Musik drmiet, sonnorn dos Wörtl "bloß". Dos Wörtl net hot nischt mit dr Rachnrsproch zi tu, dos bedeitet schlicht un aafach "nicht", genau esu wie e Tier kenn zoologischen Hinnrgrund hamm muss, sonnorn de "Tür" drmiet bezaagnt ward. Un taucht dos Wort Leem auf, do issis net dr Schmand zun forme, sonnorn is sei e paar "Löwen".  

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Unser Erzgebirgisch ist eine Weltsprache, wie jeder weiß. Holt man Kohlen, also "Feiering" ("Feuerung"), aus dem Keller, fühlt man sich nach England versetzt und die Haazing (Heizung) hört sich fast chinesisch an. Aber auch die Bedeutung der Wörter ist häufig eine ganz andere als im Deutschen. Fix heißt nicht fest, sondern schnell, hört man bluus, so ist damit keine Musik gemeint, sondern nur das Wörtchen bloß. Das Wörtchen net hat nichts mit der Computersprache zu tun, es bedeutet schlicht und einfach nicht, ebenso wie Tier keinen zoologischen Hintergrund hat, sondern die Tür bezeichnet. Und taucht das Wort Leem in Gesprächen auf, so ist dies keine Masse zum Formen, sondern es sind mehrere Löwen.  
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Im übrigen, was das Englische betrifft, der Vergleich ist nicht so weit hergeholt. Es ist tatsächlich so, dass die Erzgebirgler besser englisch aussprechen können als andere (wenn sie denn wollen) - weil sie das "R", zum Beispiel eben bei "Feiering", ganz eigenartig in der Kehle rollen. Das wiederum ist fürs american english ganz typisch...
Noch was zum Schweizerdeutsch (ich leb ja hier im Einzugsgebiet) - da hab ich auch ne lustige Begebenheit gehört, ich fürchte nur, ich schreibe die Worte falsch auf. Also, ich hoffe, keiner nimmt mir das übel und versteht es trotzdem. Mein Freund hatte mit Kollegen eine Diskussion, ob es ein Wort im Schweizerdeutschen gäbe, in dem kein kehliges "ch" vorkommt. Sie einigten sich schließlich auf "Abfallbeutel" - die muss es doch auch in der Schweiz geben, und da kann man ja nun wirklich kein kehliges "ch" reinpacken... Einer hat das bei Gelegenheit mal ausprobiert und im Supermarkt nach eben jenen Abfallbeuteln gefragt. Die Antwort kam prompt: "Ah, Sie meine die Kehrichtsäckchle"...

:hallo: lg
die Müllerstochter


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Rastlos

Zitat
Sie einigten sich schließlich auf "Abfallbeutel" - die muss es doch auch in der Schweiz geben, und da kann man ja nun wirklich kein kehliges "ch" reinpacken... Einer hat das bei Gelegenheit mal ausprobiert und im Supermarkt nach eben jenen Abfallbeuteln gefragt. Die Antwort kam prompt: "Ah, Sie meine die Kehrichtsäckchle"...
:loldev: War ja klar, dass die eine Lösung für das Problem finden  :icon_mrgreen:
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